In seinem Positionspapier „BIM im Straßenbau“ betont der Hauptverband der deutschen Bauindustrie HDB die Bedeutung der Methode in den unterschiedlichen Ansatzpunkten im Straßenbau. BIM sei zwar kein Allheilmittel, aber ein weiteres Werkzeug, das „sinnvoll genutzt sicher Verbesserungen und Vorteile für alle am Straßenbau Beteiligte bringt“, so Dr. Walter Fleischer, Vorsitzender der Bundesfachabteilung Straßenbau des HDB. Bauausführende, Planer, Bauherren und Behörden seien laut Dr. Fleischer gefordert, ihren Beitrag zu leisten, sodass die Digitalisierung ihre Vorteile entfalten kann.
Wichtig sei, die Erfahrungen und Kenntnisse der Bauausführenden möglichst frühzeitig einzubeziehen. Know-how zu Logistik oder den Risiken in der Realisierung könnten so frühzeitig erkannt und vermieden werden. Die „Baubarkeit“ werde zu einem frühen Zeitpunkt im Prozess berücksichtigt.
„Wir hätten schon viel früher mit BIM starten sollen. Unnötige Kompromisse kosteten uns viel Geld.“
Lars Grundmann, Geschäftsführer von CKS-Bau in Wernigerode bringt es auf den Punkt. BIM im Straßen- und Tiefbau ist weiter als man vermutet und erzielt von Beginn an messbaren Nutzen bei vertretbarem Aufwand. Es muss nicht gleich vom Start weg der ganz große allumfassende „BIG-BIM-Wurf“ sein. Allein die modellbasierte Mengenermittlung bringt von der Kalkulation über die Ausführung bis hin zur Abrechnung spürbare Vorteile. Und das Beste: Die Datenbasis ist in vielen Fällen schon vorhanden oder lässt sich vergleichsweise einfach erzeugen.
Was für die Großen der Branche gilt, ist auch für den Mittelstand interessant. Ein Warten auf allumfassende Standards ist dabei jedoch nicht angezeigt, denn letztendlich gibt es bereits seit Anfang der 1990er Jahre digitale Formate (z. B. ISYBAU), auf die man aufbauen kann. Digitalisierung ist nicht als einmaliges Ereignis zu verstehen, sondern als Prozess.
Und in dieser Zeit der Transformation von der analogen in die digitale Welt ist es wichtig, frühzeitig Erfahrungen zu sammeln. Tiefbau-Experten raten dazu, alle bereits jetzt vorhanden digitalen Mittel auszuschöpfen.
Gängige Formate sind ein guter Anfang
Dies beginnt bereits in der Ausschreibungsphase. Das Ziel muss sein, alle vorhandenen digitalen Daten vom Planer zum bauausführenden Unternehmen zu übergeben. Dazu gehört als Ausgangspunkt ein vermaschtes Urgelände (Digitales Geländemodell DGM) inklusive der Bruchlinien. Der Kalkulator im Baubetrieb benötigt Achsen, Gradienten und einen Ausführungsplan.
Daten in den Formaten DWG, LandXM oder ISYBAU wären ideal, aber schon eine Übergabe in gängigen REB?Formaten, wie z. B. DA40, DA21, DA45, DA49, DA58 etc, optimieren den Prozess. Zudem würde die Fehleranfälligkeit einer herkömmlichen Übergabe mit den üblichen zahlreichen manuellen Eingaben durch die Weitergabe digitaler Daten minimiert.
Datennutzung ohne Medienbruch
Der ausführenden Baufirma ist es mit Unterstützung der geeigneten Software, bereits in der Kalkulationsphase möglich, aus den vorhandenen Daten Modelle zu erzeugen und daraus entsprechende Mengen zu ermitteln.
Dieser im Sinne eines „little BIM“ nun modellbasiert abgebildete Teilprozess bietet zudem den großen Mehrwert: Diese Daten können auch nach Auftragsvergabe weiter genutzt werden. Es entsteht ein durchgängiger Datenfluss bis zur Abrechnung, den auch Bereiche wie Einkauf, Arbeitsvorbereitung, Vermessung, Arbeitskalkulation und Abrechnung mit nutzen können. Die Schnittstellen (z. B. D10, DA11 und DA66) unterstützen bei der schnelleren Fakturierung und Rechnungsprüfung, das wiederum direkten Einfluss auf eine sichere Liquidität im Baubetrieb hat. Denn schneller Zahlungseingang schafft mehr Spielraum für Investitionen.
Ziel muss es auch bei der Abrechnung sein, den bislang umfangreichen Stapel an handgezeichneten Aufmaß-Blättern und Mehrfacherfassungen vor Ort durch ein valides 3D-Modell zu ersetzen.
Transparenz schafft neue Qualität der Zusammenarbeit
Planern und Auftraggebern ist ebenso wie den Auftragnehmern daran gelegen, dass Fehler bei der Nutzung der vorhandenen Daten vermieden werden. Durch definierte Schnittstellen und BIM-fähige Software-Lösungen wird die Qualität und Transparenz der Mengenermittlung stark erhöht.
Eine Einschätzung, die auch im mittelständischen Baubetrieb CKS-Bau mit rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern massiv zum Tragen kommt.
Ein bedeutender Faktor, der in vielen Aufzählungen der BIM-Vorteile meistens nicht explizit erwähnt wird. Die Zusammenarbeit zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber erfolgt entspannt. Das wiederum kann als Baustein zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit gewertet werden – angesichts des Fachkräftemangels in der Branche ein überlegenswertes zusätzliches Argument pro BIM im Straßen- und Tiefbau.
Über den Autor
Dipl.-Ing. Volker Eisfelder ist Leiter Kompetenzbereich BIM Tiefbau bei der BRZ-Gruppe.