Die umfänglichsten und diffizilsten Entgeltberechnungen sind in der Baubranche zu erstellen. Unterschiede gelten hierbei bereits bei der Gewerbeart – ein wichtiges Merkmal stellt die Zuordnung des Betriebes zu Bauhaupt- oder Baunebengewerbe dar. Denn je nach Gewerbeart differieren die wesentlichen Tarifregelungen sowie Arbeits- und Meldebedingungen vor allem im gewerblichen Arbeitnehmerbereich. Einige der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale erfahren Sie hier.
Zu welcher Gewerbeart gehört der Betrieb?
Für eine korrekte Lohnabrechnung ist zuallererst entscheidend, welche Tarifwerke und Arbeitsregelungen für den Betrieb anzuwenden sind. Innerhalb eines Unternehmens können auch selbstständige Betriebsabteilungen als Betrieb gelten.
- Bauhauptgewerbe – Hierzu gehören Betriebe, die gewerblich Bauten erstellen oder überwiegend bauliche Leistungen im Hoch- und Tiefbau sowie Straßen- und Landschaftsbau erbringen.
- Baunebengewerbe, auch bekannt als Ausbaugewerbe – Betriebe, die überwiegend Arbeiten zur Gebäudefertigstellung verrichten, wie z. B. Betriebe des Dachdecker-, Schreiner-, Maler-/Lackierer-, Gerüstbau-Handwerks usw. werden dieser Gewerbeart zugeteilt.
Je nach Zuordnung können verschiedene Gesetzesbestimmungen, u. a. Arbeitsverordnungen und Tarifregelungen, Gültigkeit haben. Innerhalb des Baunebengewerbes finden sich unterschiedliche Tarifpartner und somit verschiedene Anforderungen an die Entgeltabrechnung.
Tarifbindung – Ja oder Nein?
Nach der Gewerbeart ist festzustellen, ob der Betrieb an die jeweiligen Tarife gebunden ist. Denn Tarifbindung ist nur gegeben, wenn beide Vertragspartner – also Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer – organisiert sind. D. h. ist der Arbeitgeber Mitglied einer Innung oder eines Verbandes und der Arbeitnehmer einer Gewerkschaft beigetreten, so ist der Arbeitgeber an die jeweiligen Tarifbeschlüsse gebunden.
Ist dies nicht gegeben, heißt das allerdings nicht, dass der Betrieb Löhne und Arbeitsregelungen in voller Gänze selbst bestimmen kann. Gerade im Baugewerbe liegen z. B. durch die Abhängigkeit von Witterungsbedingungen sowie ständig wechselnden Arbeitsstätten besondere Arbeitsbedingungen vor, die spezielle Bestimmungen durch den Gesetzgeber notwendig machen.
Zum einen sind aus der Historie unterschiedliche Sozialkassen entstanden, die im Beitragsverfahren u. a. Urlaubsansprüche der gewerblichen Arbeitnehmer sichern, aber auch geleistete Urlaubszahlungen an Arbeitgeber erstatten. Auch im Hinblick auf die Zukunftssicherung gerade im gewerblichen Beschäftigtenbereich wurden für die Altersrente oder Berufsunfähigkeit Bausteine über die Sozialkassen geschaffen.
Zum anderen sind gewisse Mindestvoraussetzungen für die Arbeitnehmerschaft festgelegt, die vom Gesetzgeber als allgemein verbindlich erklärt wurden. Dazu gehören bestimmte Rahmentarifverträge zu Urlaubsregelungen, Arbeitszeitfestlegungen etc. sowie Tarifverträge über Mindestlöhne, um nur einige zu nennen. Diese allgemein verbindlich erklärten Tarifverträge sind für alle Betriebe im Gültigkeitsbereich der Gewerbeart verpflichtend, d. h. sie haben Gesetzescharakter und sind auch ohne Tarifbindung einzuhalten. Manche Nichteinhaltungen wie z. B. beim Mindestlohn werden mit teils hohen Bußgeldern geahndet. Hier wurden vor allem in den letzten Jahren die Kompetenzen von Kontrollorganen wie z. B. Zoll und Sozialkassen zur Prüfung der Einhaltung erheblich erweitert.
Die wichtigsten Tarifunterschiede im Überblick
Im gewerblichen Arbeitnehmerbereich gelten u. a. folgende Unterschiede bei den Tarifregelungen mit AVE1:
Dachdeckerhandwerk |
Bauhauptgewerbe |
TV2 über Sozialkassenverfahren im Dachdeckerhandwerk (VTV3 für SOKA DACH)
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TV über Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV für SOKA-BAU)
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RTV4 für gewerbliche Arbeitnehmer
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BRTV5 für das Baugewerbe – gewerbliche Arbeitnehmer
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TV über die Berufsbildung im Dachdeckerhandwerk
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TV über die Berufsbildung im Baugewerbe
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TV zur Förderung der Aufrechterhaltung der Beschäftigungsverhältnisse im Dachdeckerhandwerk außerhalb der Winterperiode (gewerbliche Arbeitnehmer)
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Für gewerbliche Arbeitnehmer gilt außerhalb der Winterperiode (April bis November) lediglich die gesetzliche Kug-Regelung. |
… |
… |
Diese Auflistung umfasst nur einige wichtige Tarifregelungen. Bei Tarifverhandlungen werden je nach Anforderungen auch aktuelle zusätzliche Leistungen für bestimmte Zeiträume aufgegriffen und die Allgemeinverbindlichkeit beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) beantragt. Zuletzt betraf dies die Inflationsausgleichsprämie, die vom Gesetzgeber steuer- und abgabenfrei bis Ende 2024 gefördert wird und für das Dachdeckerhandwerk sowie Bauhauptgewerbe tarifvertraglich festgelegt wurde. Diese Tarifverträge sind mittlerweile allgemeinverbindlich erklärt.
Da durch Tarif- oder Beitragserhöhungen erhebliche Kosten auf ein Unternehmen zukommen, erlauben Sie mir einen Tipp an dieser Stelle:
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Fazit und Empfehlung
Gerade im Hinblick auf die korrekte Lohn- und Gehaltsberechnung ist es in beiden Gewerbebereichen überaus wichtig, immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Für Mitgliedsbetriebe bei Innungen und Verbänden werden hierzu Newsletter und Informationen, meist in elektronischer Form im geschützten Mitgliederbereich oder per E-Mail zur Verfügung gestellt. Gesetzliche Regelungen sind über diverse Internetseiten der Ministerien zu finden. Die Recherche und Wissensaneignung ist zeitintensiv. Die meisten Softwareanbieter im Entgeltabrechnungsbereich informieren über Neuerungen in komprimierter Form, bezogen auf die jeweilige Anwendungssoftware.
Detaillierte Informationen zum Fachbereich sind gerade für Personalabrechnende und Geschäftsführende unbedingt Voraussetzung, um Fachpersonal korrekt und leistungsorientiert zu behandeln.
Auch für das Dachdeckerhandwerk haben wir eine Online-Schulung „Dachdeckerlohn Grundlagen“ mit allen notwendigen Details zu den einzelnen Tarifregelungen entwickelt. Erfahren Sie in Ihrem eigenen Tempo und zeitunabhängig in verschiedenen Lerneinheiten alles Wissenswerte dazu.
1 AVE = Allgemeinverbindlichkeitserklärung
2 TV = Tarifvertrag
3 VTV = Verfahrenstarifvertrag
4 RTV = Rahmentarifvertrag
5 BRTV = Bundesrahmentarifvertrag
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