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Verrechnungslohn im Bau: So berechnen Sie Ihre Preisuntergrenze

Steigende Lohnkosten treffen auf stagnierende Marktpreise – ein Problem, das viele Bauunternehmen kennen. Gewinne zu erzielen, wird dadurch zunehmend schwieriger. Umso wichtiger ist es, die eigene Preisuntergrenze zu kennen. Wer den Verrechnungslohn seines Betriebs exakt ermittelt, kann Angebote fundiert kalkulieren, Preisdruck standhalten und langfristig wirtschaftlich arbeiten.


 

Inhaltsverzeichnis

Warum der Verrechnungslohn so wichtig ist

Betriebs- vs. Baustellenverrechnungslohn

Faktoren zur Berechnung des Verrechnungslohns

Produktivlohn realistisch planen

Zuschlagsberechnung für den Kalkulationslohn

Baustellengemeinkosten korrekt einbeziehen

Allgemeine Geschäftskosten und Wagnis & Gewinn

Häufige Fehler und Praxistipps

Fazit

FAQ: Verrechnungslohn im Bau

Tipp

 



Warum der Verrechnungslohn so wichtig ist

Der Verrechnungslohn bildet die Grundlage für jede Kalkulation im Baugewerbe. Er setzt sich aus allen Kosten zusammen, die ein Unternehmen pro produktiver Arbeitsstunde decken muss. Wer ihn kennt, weiß genau, zu welchem Stundenlohn Aufträge mindestens angeboten werden müssen, um kostendeckend zu arbeiten und nicht in finanzielle Schieflage zu geraten.

 


Betriebs- vs. Baustellenverrechnungslohn

  • Betriebsverrechnungslohn:
    Ein einheitlicher Satz für alle Baustellen. Einfach zu kalkulieren, aber oft zu ungenau, weil nicht alle Projekte die gleichen Kosten verursachen.
  • Baustellenverrechnungslohn:
    Für jede Baustelle wird ein individueller Satz berechnet. Er berücksichtigt z. B. unterschiedliche Mittellöhne, Nebenkosten, Zuschläge und Baustellengemeinkosten.
    → Vorteil: realistischere Kalkulationen und geringeres Risiko von Fehlkalkulationen.

 

Faktoren zur Berechnung des Verrechnungslohns

 

Grundmittellohn

Basis sind die Löhne der gewerblichen Arbeitnehmer (Zeit- und ggf. Akkord- oder Prämienlöhne) sowie Zuschläge (Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit), Erschwerniszuschläge und Arbeitgeberanteile zur Vermögensbildung.


Lohnzusatz- und Lohnnebenkosten

Dazu gehören Kosten für Krankheit, Urlaub, Feiertage, Sozialtage (z. B. Hochzeit, Umzug) sowie Beiträge zu Sozialversicherungen. Auch Kosten für auswärtige Tätigkeiten wie Fahrgeld oder Verpflegungszuschüsse zählen dazu.


Kleingeräte und Werkzeuge

Verbrauch und Verschleiß von Arbeitsmitteln (z. B. Schaufeln, Handschuhe, Leitern) sollten anteilig eingerechnet werden.


Alle diese Kosten werden als Zuschlag auf den Produktivlohn umgelegt.

 


Produktivlohn realistisch planen

Um den Produktivlohn zu berechnen, wird von den 365 Kalendertagen eines Jahres ausgegangen. Abgezogen werden:

  • Wochenenden und Feiertage
  • Urlaubstage
  • Sozialtage (z. B. Hochzeit, Umzug)
  • Schlechtwettertage
  • geschätzte Krankheitstage

Die verbleibenden produktiven Arbeitstage werden mit der Zahl der gewerblichen Mitarbeiter, der täglichen Arbeitszeit und dem Grundmittellohn multipliziert.

Beispiel:
197 produktive Tage × 20 Mitarbeiter × 8 Std. × 16,50 € = 520.080 € Produktivlohn pro Jahr

 


Zuschlagsberechnung für den Kalkulationslohn

Nachdem nun die umzulegenden Kosten und die Produktivlohnsumme des Jahres ermittelt sind, kann die Zuschlagsberechnung erfolgen.


Der Grundmittellohn zuzüglich der Zuschläge für Lohnzusatzkosten, Lohnnebenkosten sowie Kleingeräte und Werkzeuge ergibt den sogenannten Kalkulationslohn.

Um einen kostendeckenden Verrechnungslohn zu ermitteln, müssen zusätzlich die Baustellengemeinkosten und die Allgemeinen Geschäftskosten anteilig auf den Lohn verteilt werden:

  • Baustellengemeinkosten (BGK):
    Kosten, die durch das Betreiben der Baustelle entstehen und keiner Einzelleistung zugeordnet werden können (z. B. Vorhaltekosten von Geräten).
  • Allgemeine Geschäftskosten (AGK):
    Kosten, die nicht projektbezogen sind, sondern den Betrieb insgesamt betreffen (z. B. Verwaltung, Mieten, Versicherungen).


Baustellengemeinkosten korrekt einbeziehen

Baustellengemeinkosten sollten nicht pauschal mit einem festen Prozentsatz kalkuliert werden, da sie je nach Projekt stark variieren können.

Formel:
BGK-Zuschlag (%) = (BGK / Produktivlohnsumme der Baustelle) × 100

 


Allgemeine Geschäftskosten und Wagnis & Gewinn

  • Allgemeine Geschäftskosten (AGK):
    Verwaltungskosten, Mieten, Versicherungen, Gehälter der Verwaltung usw.
  • Wagnis und Gewinn:
    Individuell zu kalkulieren, abhängig von Marktsituation und Risikobereitschaft.

Werden bereits auf andere Kostenarten (z. B. Material oder Nachunternehmer) Zuschläge erhoben, kann der Lohnzuschlag geringer ausfallen. Die nachfolgende Grafik veranschaulicht das Kalkulationsschema.

Verrechnungslohn Baubranche

 

 

Häufige Fehler und Praxistipps

  • Veraltete Kostenansätze verwenden
  • Produktivstunden zu optimistisch kalkulieren
  • BGK pauschal statt projektspezifisch berechnen
  • Änderungen bei Tarifen, Sozialabgaben oder gesetzlichen Vorgaben nicht einbeziehen

Tipp: Das Rechnungswesen regelmäßig auswerten und Zuschlagssätze anpassen, wenn sich Lohnkosten oder Gemeinkosten verändern.

 

 

Fazit

Ein präzise berechneter Verrechnungslohn ist die Grundlage für wirtschaftlichen Erfolg im Baugewerbe. Nur wer seine Kostenstruktur kennt, kann Angebote realistisch kalkulieren, Preisdruck standhalten und die eigene Existenz langfristig sichern. Dabei sollten alle Kostenfaktoren – vom Grundmittellohn über Nebenkosten bis hin zu Baustellengemeinkosten und allgemeinen Geschäftskosten – berücksichtigt und regelmäßig aktualisiert werden. Kalkulation ist mehr als Bauchgefühl: Sie ist der Schlüssel zu fairen Preisen und nachhaltigem Unternehmenserfolg.

 

 

FAQ: Verrechnungslohn im Bau



Was ist der Verrechnungslohn?

Ein kalkulierter Stundenlohn, der alle anfallenden Lohn- und Gemeinkosten deckt.

Warum sollte man ihn kennen?

Um kostendeckend zu arbeiten, Angebote realistisch zu kalkulieren und Preisdumping zu vermeiden.


Was gehört alles in den Verrechnungslohn?

Grundlöhne, Zuschläge, Nebenkosten, Kleingeräte, Baustellengemeinkosten, Allgemeine Geschäftskosten sowie Wagnis & Gewinn.


Wie oft sollte man den Verrechnungslohn überprüfen?

Mindestens einmal jährlich oder bei Änderungen von Tariflöhnen, Sozialversicherungsbeiträgen oder Unternehmensstruktur.


Was passiert, wenn ich zu niedrig kalkuliere?

Projekte decken nicht die vollen Selbstkosten – langfristig drohen Liquiditätsprobleme bis hin zur Insolvenz.

 


 

Tipp:

Vertiefen Sie Ihr Wissen und entdecken Sie praxisnahe Lösungen, die Ihren Baubetrieb weiterbringen. In den folgenden Empfehlungen finden Sie nützliche Inhalte und Materialien für Ihren Erfolg.

 

 

 

 



Quellen

Bundesministerium für Arbeit und Soziales – Arbeitsrecht und Mindestlohn
Statistisches Bundesamt – Arbeitskostenindex (Qualitätsbericht)

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